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Klingeln bei Josy (313 Seiten) ALS PDF DATEI!
Dieser Roman ist nicht frei erfunden. Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Zum Schutze der Beteiligten sind alle Namen geändert. Daher sind Namensähnlichkeiten rein zufällig. Tina, Mutter von zwei kleinen Kindern, ist vom Leben nicht verwöhnt worden. Von klein an durchwandert sie verschiedene Kinderheime und Pflegefamilien. Verzweifelt versucht sie, ein normales Leben zu führen. Als die Grundversorgung ihrer Kinder nicht mehr gewährleistet ist, Strom und Gas gesperrt werden, entscheidet sie sich für einen schweren Weg. Sie wird Prostituierte. Gnadenlos und ungeschminkt erzählt sie ihre Geschichte als Hure.
Leseprobe:
Prolog
Der Tag war regnerisch und grau. Die Fahrt lang und
schweigsam. Das Haus war von der Straße aus nicht zu sehen.
Wir mussten einen kleinen Berg hinauffahren, ehe wir es genau betrachten konnten.
„Das ist wohl das Richtige für dich“, sagte mein sogenannter
Pflegevater. „Ein alter, heruntergekommener Schuppen. Da gehörst du hin. Wie ich dich kenne, landest du sowieso auf der
Straße.“
Ich sagte nichts. Ich wollte nicht in dieses Kinderheim, aber in
dieser Familie, die sich Pflegefamilie schimpfte, wollte ich auch
nicht bleiben.
Mehr als zwei Jahrzehnte habe ich mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass seine Aussage wahr wurde, doch
seinem Schicksal kann man nicht entfliehen.
Mit siebenundzwanzig, sollte man glauben, ist niemand mehr
gefährdet eine Karriere als Hure zu starten.
Auch da geht das Leben oftmals ganz eigene Wege.
1.
Es klingelte an der Tür. Ich stand am Herd und kochte gerade
den Brei für meinen acht Monate alten Sohn, der auf meinem
Arm quengelte. Ich schob den Topf von der Platte und ging zur
Tür.
„Stadtwerke, guten Tag.“
„Oh nein“, schoss es mir durch den Kopf, „achthundert Mark
Rückstand!“ Seit Wochen konnte ich weder Strom noch Gas bezahlen.
Ich kam nicht dazu, etwas zu sagen, denn der gute Mann setzte ohne Unterbrechung seine Standpauke fort.
„Wenn Sie heute zahlen können - damit Sie Bescheid wissen -
kein Geld, kein Strom! Ab jetzt ist er gesperrt und wird erst wieder geöffnet, wenn Sie die Rückstände komplett bezahlt haben.
Auf Wiedersehen und guten Tag“, sprach er und verschwand.
Ich hatte gehofft, dass ich wenigstens die Breiflaschen fertig
kochen konnte, aber er ließ sich nicht auf ein Gespräch ein.
Die Herdplatte war noch warm, doch zum Kochen reichte die
Wärme nicht mehr. Der kleine Mann auf meinem Arm jammerte nun nicht mehr, sondern schrie aus Leibeskräften nach seiner
Flasche. Ich füllte den halbgaren Brei um und hoffte einfach,
dass er keine Bauchschmerzen bekam.
Mein Kopf fuhr Karussell, mein Körper fühlte sich taub an.
Wie eine Marionette hielt ich das Baby auf dem Arm und war
unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.
Meine Tochter musste schon eine Weile neben mir gestanden
haben. Obwohl sie gerade das erste Jahr zur Schule ging, verfügte sie über eine ausgeprägte Empathie.
„Alles gut, Mama?“, fragte sie mich.
Wie aus einer anderen Welt tauchte ich aus meiner Starre auf.
„Ja, Süße. Das wird schon wieder.“
Abends, als die Kinder im Bett lagen, durchblätterte ich die
Zeitung im Schein vieler Kerzen nach Stellenangeboten.
Dass mein Mann sich einen Job suchen würde, konnte ich vergessen. Viel zu lange hatte ich auf ein Wunder gehofft, viel zu
lange abgewartet. Nun war die Situation ernst. Wie schon oft in
meinem Leben. Der Kalender zeigte noch lange nicht Ende des
Monats an. Mein ganzes Geld betrug noch genau neunundzwanzig Mark. Es waren noch einige Tage, bis das Sozialamt
zahlen würde, geschweige denn, dass ich keinen Strom und
kein Gas mehr hatte. Gut, dass es Sommer war und ich nicht
noch mit den Kindern in einer kalten Wohnung sitzen musste.
Rauf und runter las ich die Jobangebote. Ich fand nichts. Zumindest nichts, was eine Mutter mit zwei kleinen Nervensägen
bewältigen konnte.
Dann sprang es mich an:
Nette Kollegin gesucht!
Für unseren exklusiven Nachtclub suchen
wir junge, tabulose Damen
in der Zeit von 21 Uhr bis 05 Uhr.
Ich atmete tief durch. „Ich brauchte Geld, schnell und viel.
Nicht für mich, sondern für diese kleinen Würmer, die im Nebenzimmer schliefen. Aber wäre ich dazu in der Lage? War ich
überhaupt noch jung genug? Und was verstand man unter tabulos?
Ich hatte nicht das Aussehen eines Models und meine 20 kg
Übergewicht waren sicher nicht förderlich für so einen Job. Gut,
ich hatte manchen One-Night-Stand gehabt, war nicht zimperlich was Sex anging. Aber mit wildfremden Kerlen vögeln? Gegen Geld? Was würde mein Mann dazu sagen?“ So viele Fragen
gingen mir durch den Kopf.
Ich nahm meinen Haustürschlüssel, verließ ganz kurz die
Wohnung und klingelte bei meiner Freundin am Nachbarhaus.
„Komm mal rüber!“, überfiel ich sie, als sie die Tür öffnete.
„Ich kann nicht bleiben. Die Kinder sind allein. Ich muss mit dir
reden“. Und schon war ich wieder weg.
Es dauerte nicht lange, bis sie in meinem Wohnzimmer saß.
Schnell war erzählt was sich zugetragen hatte.
„Hast du Geld?“, fragte ich sie.
„Zwanzig Mark.“
Wie oft hatten wir die letzten Kröten geteilt. Wie oft saßen wir
zusammen und fantasierten, wie wir zu mehr Geld kommen
konnten. Auch meine Freundin bekam nur Sozialhilfe. Dass sie
keine Kinder hatte, änderte nichts daran, dass das Geld nicht
reichte.
Ich legte ihr ohne ein weiteres Wort die Anzeige vor die Nase.
„Nun bist du total übergeschnappt. Verrückt geworden!“,
war ihre erste Reaktion.