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Nachts kommen die Raben (307 Seiten) ALS PDF DATEI!
Diese Geschichte beruht auf mehr als nur einer wahren Begebenheit. Sie ist passiert, mitten in Deutschland, Ende der 70er Jahre. Unter den Augen aller, die sie verschlossen hielten. Tina wird als viertes Mädchen einer jungen Alkoholikerin geboren. Sie wächst unter Hungersnöten, Vernachlässigung und körperlicher Gewalt auf. Der pädophile Stiefvater nutzt ihre Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit aus, um seine Begierden zu befriedigen. Als endlich die Fürsorge auf das Leid der Kinder aufmerksam wird, ist eine Heimunterkunft unumgänglich. Aber dort kommt Tina vom Regen in die Traufe. Selbstverständlich sind zum Schutz der Beteiligten alle Namen geändert. Ähnlichkeiten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Leseprobe:
Prolog
Wer kann von sich sagen, dass das Erste, was er auf Erden
gesehen hat, ein Haufen Scheiße war? Klar, ich kann mich nicht
daran erinnern. Aber Tatsache ist, mein erster Blick war ins Klo.
Für meine Mutter kam die Schwangerschaft überraschend. Sie
hatte nicht damit gerechnet, denn ihr jüngstes Kind war gerade 13
Monate. Als der Doc ihr mitteilte, dass sie in gut drei Monaten
erneut ein Kind bekommen würde, hielt sich ihre Freude in
Grenzen.
»Noch ein Fresser mehr!«, sagte sie. »Kann man das nicht
verhindern?«
»Da hätten Sie viel früher kommen müssen!«
Also fand sie sich mit ihrem Schicksal ab und schleppte sich nach
Hause.
Der Arzt hatte sich verrechnet. Ich machte mich schon drei
Wochen später auf den Weg, mein enges Gefängnis zu verlassen.
Dummerweise hielt meine Mutter die Presswehen für Stuhldrang.
So landete mein Kopf im Klo.
Ich war von Anfang an in der Scheiße geboren.
1.
Wir stiegen aus der Schwebebahn. Meine kleine Hand lag fest in
seiner großen kräftigen Pranke.
Ich konnte mit seinem Schritt nicht mithalten und stolperte über
meine Beine.
»Papi! Nicht so schnell!«, forderte ich.
Während er stehenblieb, schaute er mich zärtlich an.
»Soll ich dich huckepack nehmen?«
»Nein! Nicht so schnell laufen!«
Er lachte, ging aber langsamer. Wir schlenderten die Treppe
hinunter, vorbei an einem Kiosk, vor dem Menschen standen, die
Bier tranken und rauchten. Es fing an zu regnen. Vor einem
Blumenladen blieb er stehen und ließ meine Hand los, um den
Regenschirm zu öffnen. Ein großes Foto klebte mitten auf der Tür.
Die süßen kleinen Hunde fielen mir sofort ins Auge. Er nahm
mich wieder bei der Hand, doch ich stemmte meine kleinen
Beinchen in die Erde. Auf keinen Fall wollte ich weitergehen.
»Was ist denn nur? Nun komm endlich!«
»Nein! Guck mal! Hundchen!«
Er folgte meinem Blick zu dem großen Plakat.
»Möchtest du die Hündchen sehen?«
Ich hatte mich losgerissen und drückte die schwere Tür auf. Ehe
er sich versah, rannte ich durch den Laden, vorbei an den
schweren Holztischen Richtung Gebell.
»Hundchen! Hundchen!«, rief ich entzückt. Als ich mich auf die
Erde setzte, kroch einer der Welpen auf meinen Schoß. Die kleine
Zunge schleckte meine Hände ab. »Mein Hundchen!«, sagte ich
stolz.
»Tina, das sind nicht unsere Hündchen. Du kannst sie streicheln,
aber gleich müssen wir wieder gehen«, sagte mein Vater. Er
versuchte, das kleine Tier, das ich fest an die Brust presste, aus
meiner Hand zu lösen. »Du tust dem Hundebaby ja weh!«,
schimpfte er mit wenig Ernst in seiner Stimme.
Ich brüllte sofort los. »Gib mein Hundchen wieder! Mein
Hundchen!«
»Lassen Sie der Kleinen einen Moment den Hund«, sagte die
Ladenbesitzerin, lächelte mich an und setzte das Tier zurück
auf meinen Schoß.
»Die wissen sich zu wehren, wenn sie nicht mehr gehalten
werden wollen.« Zu mir gebeugt fügte sie hinzu: »Halt sie nicht
zu fest! Sonst beißt sie dich!«
Das kleine Wesen in meinem Arm hatte es sich gemütlich
gemacht und schlief fast ein. »Meine Sissi!«, flüsterte ich und war
nicht bereit, sie wieder herzugeben.